Das europäische Nachlasszeugnis von Ihrer Notarin in Salzburg

Für alle Todesfälle ab dem 17. August 2015 gilt die im Jahre 2012 verabschiedete EU-Erbrechtsverordnung.

Sie regelt insbesondere die Frage, welche nationale Rechtsordnung auf einen Erbfall mit Bezug zu mehreren Staaten (z.B.: ein mit letztem gewöhnlichen Aufenthalt in München verstorbener Österreicher hatte Vermögen in Deutschland und Österreich). Anwendung findet und welcher Mitgliedstaat mit seinen Gerichten und Behörden für erbrechtliche Angelegenheiten mit Auslandsbezug international zuständig ist.

In Ergänzung dazu führte die EU-Erbrechtsverordnung das sogenannte Europäische Nachlasszeugnis (kurz: „ENZ“) ein, das in allen 25 EU-Mitgliedstaaten, die an die Verordnung gebunden sind als einheitlicher Nachweis der Stellung als Erbe, Vermächtnisnehmer mit unmittelbarer Berechtigung am Nachlass und Testamentsvollstrecker verwendet werden kann. Lediglich Dänemark, Irland und das Vereinigte Königreich nehmen an dieser Maßnahme der justiziellen Zusammenarbeit nicht teil.

Gerne nimmt das Notariat Taxenbach die Verbücherung bzw. Registrierung eines europäischen Nachlasszeugnisses in den österreichischen Registern für Sie vor und bearbeitet für Sie die hiefür anfallenden steuerlichen und grundverkehrsrechtlichen Fragen in Österreich. Zu beachten sind jedoch die Besonderheiten des österreichischen Wohnungseigentumsgesetzes, wenn sich eine Wohnung im Nachlass befindet.

So stellt auch ein deutsches Amtsgericht für die Verbücherung der Ergebnisse des deutschen Nachlaßverfahrens in Österreich das europäische Nachlasszeugis aus.

Formblätter:

Formblätter und Vorlagen zum europäischen Nachlasszeugnis finden sich unter https://e-justice.europa.eu/content_succession-166-de.do

Grenzüberschreitende Erbfälle:

Die europäische Erbrechtsverordnung schreibt dem europäischen Nachlasszeugniss eine wesentliche Rolle bei der Erleichterung der Abwicklung grenzüberschreitender Erbfälle zu.

Eine zügige, unkomplizierte und effiziente Abwicklung einer Erbsache mit grenzüberschreitendem Bezug innerhalb der Union soll dadurch erreicht werden, dass die Erben, Vermächtnisnehmer, Testamentsvollstrecker oder Nachlassverwalter in der Lage sein sollten, ihren Status und/oder ihre Rechte und Befugnisse in einem anderen Mitgliedstaat, beispielsweise in einem Mitgliedstaat, in dem Nachlassvermögen belegen ist, einfach nachzuweisen".

Das europäische Nachlasszeugnis steht in einem engen Zusammenhang mit dem der EuErbVO zugrunde liegenden Prinzip der Nachlasseinheit:

Wird die Regulierung des Nachlasses in einem einzigen Mitgliedstaat konzentriert, muss dafür Sorge getragen werden, dass die in diesem Mitgliedstaat getroffenen Anordnungen möglichst problemlos in allen Mitgliedstaaten, in denen Vermögen des Verstorbenen belegen ist oder Akte zu setzen sind, umgesetzt werden. Dieses Ziel könnte theoretisch auch mit Hilfe von Regeln zur wechselseitigen Anerkennung mitgliedstaatlicher "Erbbescheinigungen" erreicht werden. Der Weg dorthin wäre aber komplex, aufwändig und langwierig. Wegen der unterschiedlichen Wirkungen mitgliedstaatlicher Nachweise könnte jedenfalls nicht ihre "Freizügigkeit" nach einheitlichen Regeln gewährleistet werden.

Die Wirkungen des europäischen Nachlasszeugnisses

Ein wirksam ausgestelltes und aufrechtes europäisches Nachlasszeugnis entfaltet nach Art 69 Abs 1 EuErbVO seine Wirkungen ohne weitere Voraussetzungen in allen Mitgliedstaaten, auch im Ausstellungsstaat (Art 62 Abs 3 Satz 2 EuErbVO).

Die Vermutung der Wahrheit und des Bestehens der ausgewiesenen Rechtsstellung gilt auch im Registerverfahren (Art 69 Abs 5 EuErbVO); insoweit besitzt das ENZ Legitimationswirkung und kann die Grundlage für eine Registereintragung bilden.

In § 33 Abs 1 lit d GBG ist nun bei den öffentlichen Urkunden, aufgrund derer Einverleibungen stattfinden können, auch das europäische Nachlasszeugnis erwähnt.

Mit Hilfe des europäischen Nachlasszeugnisses kann daher z.B. das Eigentum des Erben einverleibt werden; es gilt aber auch als mittelbarer Todesnachweis für die Löschung dinglicher Rechte.

Wegen der Eigenschaft des europäischen Nachlasseszeugnisses als öffentliche Urkunde ist es dem Grundbuchsgericht nicht gestattet, bspw. anstelle des europäischen Nachlasszeugnisses die Vorlage anderer Dokumente wie inländischer öffentlicher Urkunden oder einer gerichtlichen Entscheidung zu verlangen.

Macht eine Person in Österreich ein dem österreichischen Recht unbekanntes dingliches Recht geltend, das ihr nach dem auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen anzuwendenden Recht zusteht, ist gem § 182 a AußStrG eine Anpassung des dinglichen Rechts entsprechend Art 31 EuErbVO vorzunehmen.

Zur Ausstellung des europäischen Nachlasszeugnisses

Die Ausstellung eines ENZ bedarf eines Antrags (Art 65 Abs 1 EuErbVO). Für den Antrag "kann" gem Art 65 Abs 2 EuErbVO ein sieben Seiten umfassendes Formblatt verwendet werden, das in Anh 4 DurchführungsVO (EU) 1329/2014 enthalten ist.

Die erforderlichen Angaben sind akribisch in Art 65 Abs 3 EuErbVO aufgezählt (z.B. Abschluss eines Ehevertrags, Anhängigkeit eines Rechtsstreits). Es sollen jede denkbare Fallkonstellation und jedes mögliche anwendbare Erbrecht erfasst werden. Allerdings erlaubt Art 65 Abs 3 HS 1 EuErbVO eine Einschränkung auf die von der Ausstellungsbehörde benötigten und dem Antragsteller bekannten Angaben.

Zur Zuständigkeit für die Ausstellung

In Bezug auf die internationale Zuständigkeit für die Ausstellung des europäischen Nachlasszeugnisses gelten die gleichen Regeln wie für die übrigen Verfahren nach der EuErbVO: Der nach Art 4, 7, 10 und 11 EuErbVO zuständige Mitgliedstaat stellt auch das europäische Nachlasszeugnis aus. Örtlich "allzuständig" ist das Gericht am letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Verstorbenen (Art 64 iVm Art 4 EuErbVO).

In Österreich ist der Gerichtskommissär als Gerichtsorgan zur Ausstellung des europäischen Nachlasszeugnisses zuständig.

Das Nachlasszeugnis selbst

Der Inhalt des ENZ ist detailliert in Art 68 beschrieben, er geht über den Inhalt eines deutschen Erbscheins weit hinaus.

Für die Ausstellung des ENZ ist zwingend ein Formblatt zu verwenden, das in Anh 5 DurchführungsVO (EU) 1329/2014 enthalten ist.

Es ist standardisiert und umfasst (nicht zuletzt deshalb) 19 Seiten, die allerdings nicht alle auszufüllen sind. Die Komplexität und Unübersichtlichkeit mag auf den ersten Blick verwundern, ist aber letztlich im Hinblick auf die sehr unterschiedlichen materiellen Rechtslagen in den teilnehmenden Mitgliedstaaten unvermeidbar, wenn das Zeugnis möglichst viele Fallkonstellationen abdecken soll.

Die Urschrift des ENZ wird bei der Ausstellungsbehörde verwahrt; der Antragsteller bzw eine sonstige Person, die ein berechtigtes Interesse darlegt, erhält von der Ausstellungsbehörde nicht eine Ausfertigung, sondern eine "beglaubigte Abschrift" (Art 70 Abs 1 EuErbVO).