Selbstbestimmung bis ins Alter mit Ihrer Notarin in Salzburg

Die österreichische Rechtsordnung kennt Vorsorgeinstrumente für den Fall, dass man selber nicht mehr oder nur eingeschränkt entscheidungs- und handlungsfähig ist.

Das Vorsorgeportal der Notare Europas www.vorsorge-europa.eu informiert zu Fragen der rechtlichen Vorsorge in den einzelnen Ländern der EU im Falle der Geschäftsunfähigkeit oder eines Unfalls.

 

Selbstbestimmt alt werden in Österreich

Erwachsenenschutzgesetz 2018

Am 1.7.2018 ist das neue Erwachsenenschutzgesetz in Kraft getreten. Es bringt volljährigen Personen, die auf Grund einer psychischen Erkrankung oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung eingeschränkt sind, mehr Selbständigkeit, weitgehende Erhaltung ihrer Autonomie und bessere Gestaltungsmöglichkeiten ihrer Vertretung.

Die Instrumente des Erwachsenenschutzgesetzes sind: 

A) Vorsorgevollmacht

B) Gewählte Erwachsenenvertretung 

C) Gesetzliche Erwachenenvertretung

D) Gerichtliche Erwachsenenvertretung 

 

Nähere Informationen der Notariatskammer finden Sie HIER

Das Muster für das ärztliche Zeugnis finden Sie HIER.

Eine Übersicht über die 4 Säulen der Erwachsenenvertretung finden Sie HIER

Sämtlichen Vertretungsarten ist gemeinsam, dass grundsätzlich keine der vier Vertretungsarten zu einem automatischen Verlust der Handlungsfähigkeit der vertretenen Person führt. 

ad A) Vorsorgevollmacht 

Eine Vorsorgevollmacht ist eine Vollmacht, die nach ihrem Inhalt dann wirksam werden soll, wenn der Vollmachtgeber die zur Besorgung der anvertrauten Angelegenheiten erforderliche Entscheidungsfähigkeit verliert (§ 260 ABGB). Die Vorsorgevollmacht setzt bei der Errichtung Entscheidungsfähigkeit voraus

(s. § 865 Abs. 1 ABGB).   

§ 260 ABGB entspricht im Wesentlichen dem § 284f Abs 1 erster Satz ABGB aF. Die Vorsorgevollmacht wurde aus dem geltenden Recht übernommen, zumal sie sich in der Praxis bewährt hat. 

Neben dem gewählten, gesetzlichen oder gerichtlichen Erwachsenenvertreter bildet die Vorsorgevollmacht eine der vier Säulen der Selbstbestimmung dar. 

 

Grundsätzlich kann jede geschäftsfähige natürliche Person und auch eine juristische Person Vollmachtnehmer einer Vorsorgevollmacht und Erwachsenenvertreter sein. Es können auch mehrere Personen als Bevollmächtigte eingesetzt werden, die entweder selbständig oder gemeinsam vertretungsbefugt sind. Auch die Bestellung eines Ersatzbevollmächtigten ist zulässig. 

 

Die Vertretungsbefugnisse des Vertreters können sehr vielfältig sein. Es kann sich um persönliche und um vermögensrechtliche Angelegenheiten handeln. 

 

Der Eintritt des Vorsorgefalls ist Voraussetzung für das Wirksamwerden einer Vorsorgevollmacht. Der "Vorsorgefall" muss erstens eingetreten sein und zweitens im ÖZVV eingetragen sein (§ 245 ABGB). 

Der Vorsorgefall tritt nur ein, wenn der Vollmachtgeber die zur Besorgung der anvertrauten Angelegenheiten erforderliche Entscheidungsfähigkeit (§ 24 ABGB) verliert. 

Darüber, dass die zu vertretende Person auf Grund ihrer durch eine psychische Krankheit oder eine vergleichbare Beeinträchtigung eingeschränkte Entscheidungsfähigkeit die vom Wirkungsbereich des Vertreters umfassten Angelegenheiten nicht selbst besorgen kann, ist ein ärztliches Zeugnis vorzulegen. 

 

Zur Qualifkation des Sachverständigen zur Ausstellung des ärztlichen Zeugnisses: 

Da die Bescheinigung des Verlustes der für die Besorgung der anvertrauten Angelegenheiten erforderlichen Entscheidungsfähigkeit regelmäßig ein "Spezialgebiet" im Sinne des § 1299 ABGB darstellt, empfiehlt sich die Beauftragung eine Neurologen oder Neuropsychiaters mit der Ausstellung eines entsprechenden Zeugnisses. (Deixler-Hübner/Schauer, Erwachsenenschutzrecht Handbuch, Manzverlag, S 68, siehe aber auch Cording, "Standards bei der Begutachtung der Geschäfts- und Testierfähigkeit", Springer-Verlag, 2017, S 229).

 

Den Vorsorgebevollmächtigten trifft eine umfassende Informations- und Wunschermittlungspflicht (RV) an den Vertretenen (§ 241 ABGB).

 

Die Vorsorgevollmacht kann nur höchstpersönlich und schriftlich vor einem Notar, Rechtsanwalt oder Erwachsenenschutzverein errichtet werden. 

 

Möchte der Vollmachtgeber Rechte an Unternehmen, Stiftungen, Liegenschaften oder im Ausland befindliche Vermögenswerte zum Gegenstand der Vorsorgevollmacht machen oder sind sonst besondere Rechtskenntnisse erforderlich, kann die Errichtung ausschließlich vor einem Notar oder einem Rechtsanwalt erfolgen (§ 4 ErwSchVG).


Gemäß § 246 ABGB endet sie mit dem Tod der vertretenen Person oder des Vertreters, durch gerichtliche Entscheidung, durch Eintragung des Widerrufs oder der Kündigung der Vorsorgevollmacht.

 

Durch das Wirksamwerden der Vorsorgevollmacht wird die Handlungsfähigkeit  der vertretenen Person grundsätzlich nicht eingeschränkt.  Ob die vertretene Person im Einzelfall handeln kann, hängt davon ab, ob sie die für die konkrete Rechtshandlung erforderliche Entscheidungsfähigkeit besitzt.

 

Nimmt der Vorsorgebevollmächtigte seine Aufgaben nicht wahr, kann trotz des Vorhandenseins einer Vorsorgevollmacht ein Erwachsenenvertreter bestellt werden.

B) Gewählte Erwachsenenvertretung 

Bei der gewählten Erwachsenenvertretung ist die volljährige Person auf Grund einer psychischen Krankheit oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit beeinträchtigt. (§ 264 ABGB)

Die psychische Krankheit ist nach hA ein Rechtsbegriff, der auf der medizinischen Fachterminologie aufbaut, die aber nicht unreflektiert übernommen werden soll. Maßgeblich ist die Fähigkeit zur autonomen Willensbildung. Die Rechtssprechung fordert, dass die gehörige Besorgung der eigenen Angelegenheiten behindert wird. (Deixler-Hübner/Schauer, Erwachsenenschutzrecht, Handbuch, Manzverlag, 2018, S 82)

Dass ein gewisser Schweregrad der Beeinträchtigung gegeben sein muss, ergibt sich aus der nächsten Voraussetzung, nämlich dass die Person deshalb Angelegenheiten nicht für sich selbst besorgen kann.

Weiters darf die volljährige Person keinen Vertreter haben, aber eine Vorsorgevollmacht nicht mehr errichten können.

Die Person muss noch fähig sein, die Bedeutung und die Folgen einer Bevollmächtigung in Grundzügen zu verstehen, ihren Willen danach zu bestimmen und sich entsprechend zu verhalten. (Fähigkeit zur Auswahl eines Vertreters). Es genügt eine geminderte Entscheidungsfähigkeit. (Zierl, Schweighofer, Wimberger, Erwachsenenschutzrecht, Praxiskommen-tar,  Lexisnexis 2018, S 160).

 

Es ist verpflichtend ein ärztliches Zeugnis darüber vorzulegen, dass die volljährige Person auf Grund einer psychischen Erkrankung oder einer vergleichbaren Beeinträchtigung in ihrer Entscheidungsfähigkeit so eingeschränkt ist, dass sie die vom Wirkungsbereich des Vertreters umfassten Angelegenheit nicht selbst besorgen kann (Muster).

 

Hat der Notar Zweifel am Vorliegen der (eingeschränkten) Entscheidungsfähigkeit der volljährigen Person, so hat er auch ein ärztliches Zeugnis darüber zu verlangen, ob die betroffene Person die Bedeutung und Folgen einer Bevollmächtigung in Grundzügen verstehen kann, ihren Willen danach bestimmen kann und sich entsprechend verhalten kann. Wird ein solches nicht vorgelegt oder geht aus ihm nicht klar hervor, dass die volljährige Person noch entsprechend entscheidungsfähig ist, so hat der Notar die Eintragung der Erwachsenenvertretung in das ÖZVV abzulehnen. (Zierl, Schweighofer, Wimberger, Erwachsenenschutzrecht, LexisNexis, 2018, S 171) 

 

Wenn sich im Laufe der Beratungstätigkeit herausstellt, dass der "gewünschte" Vertreter die volljährige Person sehr beeinflusst und die Vereinbarung nicht ihrem eigentlichen Willen und Wohl entspricht, so hat die eintragungsbefugte Person die Registrierung abzulehnen (§ 267 ABGB).

 

Die gewählte Erwachsenenvertretung kann von nahestehenden Personen übernommen werden, somit nicht nur von den nächsten Angehörigen (§ 264 ABGB).

Es muss eine schriftliche Vereinbarung zwischen dem Betroffenen und dem gewählten Erwachsenenvertreter vor einem Notar / Rechtsanwalt oder Erwachsenenschutzverein geschlossen werden (§ 265 ABGB).

 

Die Vereinbarung muss die Vertretungsbefugnisse des Erwachsenenvertreters enthalten.

 

§ 265 ABGB unterscheidet bei der gewählten Erwachsenenvertretung - abgesehen von der Vertretung vor Gericht - vier Arten der Vertretung: 

  • gewöhnliche gewählte Erwachsenenvertretung,
  • Co-Decision
  • freiwilliger Genehmigungsvorbehalt 
  • sowie die auf die Ausübung von Einsichts- und Auskunftsrechten beschränkte gewählte Erwachsenenvertretung, 

Die Vereinbarung über die gewählte Erwachsenenvertretung ist von einem Notar, Rechtsanwalt oder einem Erwachsenenschtzverein im Österreichischen Zentralen Vertretungsverzeichnis einzutragen (§ 267 ABGB).

C) Gesetzliche Erwachsenenvertretung

Wenn die Voraussetzungen für den gewählten Erwachsenenvertreter nicht mehr vorliegen, kann die gesetzliche Erwachsenenvertretung nur mehr von den nächsten Angehörigen übernommen werden. 

Diese gesetzliche Erwachsenenvertretung kann gesetzlich beschriebene Bereiche umfassen und besteht auf die Dauer von maximal drei Jahren.

D) Gerichtliche Erwachsenenvertretung

Ein gerichtlicher Erwachsenenvertreter kann bestellt werden, keine der Säulen 1 - 3 mehr zur Anwendung kommen kann. Dies können auch Notare und Rechtsanwälte sein, sofern keine geeignete nahestehende Person oder nächster Angehöriger übernimmt. Die maximale Dauer der Vertretung beträgt drei Jahre.

Patientenverfügung

Den Folder der österreichischen Notariatskammer zur Patientenverfügung finden Sie HIER.

Einen Ratgeber zur Patientenverfügung finden Sie HIER.

 

Österreichisches Zentrales Vertretungsverzeichnis (ÖZVV)

Das ÖZVV wurde durch die österreichische Notariatskammer eingerichtet, die dieses auch führt.

Das ÖZVV hat im Rahmen des Erwachsenenschutzgesetzes neue Aufgaben übernommen. 

Die Notariatskammer stellt auf Ihrer Webseite nähere Informationen zur Verfügung. 

 

Pflegeregreß 

Mit der Verfassungsbestimmung des § 330 a ASVG wurde mit Wirkung zum 1.1.2018 der Pflegeregreß bundesweit abgeschafft. Ein Zugriff auf das Vermögen von in stationären Pflegeeinrichtungen aufgenommenen Personen, deren Angehörigen, Erben und Geschenknehmern im Rahmen der Sozialhilfe zur Abdeckung von Pflegekosten ist unzulässig. 

Das Einkommen der betroffenen Person wird aber bis auf ein Taschengeld weiterhin zur Kostendeckung herangezogen. 

Pflegeleistungen von Angehörigen, die das Pflegegeld übersteigen, werden aber nicht abgegolten. 

Eine Ausgleich für die Pflege von Angehörigen bietet das Pflegevermächtnis.